150 Jahre Kriminalisierung sind genug! Schwangerschaftsabbruch - Recht statt Verurteilung
Diese Forderung vertritt pro familia, denn seit dem 15. Mai 1871 ist ein Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch verankert. Das bedeutet, dass ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich erst einmal eine Straftat darstellt und betroffene Frauen sich nicht selbstständig und auf eigenen Wunsch hin für die Beendigung der Schwangerschaft entscheiden können. Laut Gesetz sind Gefängnis- oder Geldstrafen möglich. Ein Schwangerschaftsabbruch wird somit kriminalisiert und die betroffenen Frauen sind mit bürokratischen Hürden konfrontiert. Damit die Beendigung der Schwangerschaft für die schwangere Frau straffrei bleibt, wurde die Beratungsregelung eingeführt. Dies meint, dass sich die betroffene Person vorab in einer anerkannten Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle beraten lassen muss.
Das Recht auf Selbstbestimmung wird einer Frau, die ungewollt schwanger ist, aberkannt. Stattdessen herrscht ein „Beratungszwang“, der die betreffenden Frauen unter Rechtfertigungsdruck bringen und auch zu einer empfundenen Stigmatisierung führen kann. Auch darf man die moralische Aufladung des Themas Schwangerschaftsabbruch und die damit einhergehenden Folgen für die betreffenden Frauen nicht unterschätzen.
Durch die Verankerung im Strafgesetzbuch kommt es zunehmend zu einer Lücke bei der medizinischen Versorgung. Immer weniger Ärzt*innen bieten einen Schwangerschaftsabbruch an, da sie Sanktionen fürchten z.B. von militanten Abtreibungsgegner*innen. Des Weiteren fehlt die thematische Auseinandersetzung während des Medizinstudiums. Auch erscheint es sinnvoll, dass Studium und die Inhalte zu reformieren, sodass eine umfassende Aufklärung gelehrt wird.
pro familia plädiert dafür, den Frauen freiwillige Angebote und Beratungen zum Schwangerschaftsabbruch anzubieten und das Recht auf Selbstbestimmung in den Fokus zu rücken und ernst zu nehmen.
Anlässlich des internationalen Safe Abortion Days (am 28. September) veranstaltet der pro familia Ortsverband Bielefeld e.V. regelmäßig Informationsstände - 2020 auf dem Wochenmarkt am Kesselbrink, 2022 vor der Beratungsstelle an der Stapenhorststraße. Mit Flugblättern, Gesprächen und einem Quiz machen die Mitarbeiter*innen dabei auf die unzureichenden Änderungen des § 219a Strafgesetzbuch (StGB) aufmerksam und informieren Interessierte über die rechtlichen Rahmenbedingungen von Schwangerschaftsabbrüchen und die Kritikpunkte von pro familia. Ziel ist es dabei, mit unterschiedlichsten Menschen ins Gespräch zu kommen.