Begleitung durch die Schwangerschaft und Vorbereitung auf die Geburt

Auch wenn Sie die Geburt Ihres Kindes sicherlich kaum erwarten können, es ist es gut, dass die Schwangerschaft neun Monate dauert. So haben Sie hinreichend Zeit, sich auf die Geburt vorzubereiten. und darauf einzulassen.

 

Vor der Geburt

Eine Schwangerschaft ohne Schwangerenvorsorge ist heutzutage kaum denkbar. Vermutlich haben auch Sie Ihren Mutterpass und nehmen regelmäßig Ihre Termine wahr. Die meisten Frauen tun das bei einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt. Sie können aber auch zu einer Hebamme gehen, oder Besuche bei der Hebamme und der Ärztin oder dem Arzt abwechselnd machen. Was wie wann untersucht wird, das legen die so genannten Mutter-schaftsrichtlinien fest, an die sich Frauenärzte und -ärztinnen halten müssen – und an denen sich auch die Hebammen orientieren. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden im Mutterpass festgehalten. Der Mutterpass gehört Ihnen, lassen Sie sich – egal von wem – erklären, was dort eingetragen wird.

Die meisten Frauen besuchen Geburtsvorbe­reitungs­kurse – in der Regel bei einer Hebamme.

In Geburts­vorbereitungs­kursen können Sie Atem- und Entspannungsübungen sowie Mas­sagentechniken für die Geburt erlernen. Auch die Tipps für den ersten Umgang mit dem Baby und das neue Leben als Familie können Ihnen in Anbetracht der vielen neuen Herausforderungen ein wenig Sicherheit vermitteln.

Sie erhalten in geschütztem Rahmen Informationen zur Geburt und ha­ben ein Forum für Ihre Fragen. Mehrere Unter­suchun­gen bestätigen, dass Frauen (und Paare), die einen Ge­burtsvorbereitungskurs besucht haben, später bei der Geburt weniger Schmerzmittel brauchen, und dass sie zufriedener mit dem Geburtserlebnis sind, als Frauen, die keinen Kurs besucht hatten.

Es gibt verschiedene Orte, an denen Sie Ihr Kind zur Welt bringen können: das Krankenhaus, das Geburtshaus oder das eigene Zuhause.

Heute werden 98 Prozent der Kinder in Krankenhäusern geboren – doch Krankenhaus ist nicht gleich Krankenhaus. Die geburtshilflichen Konzepte unter¬scheiden sich enorm, und Sie sollten (sofern Sie die Wahl haben) die verschiedenen Angebote in Ihrer Gegend kennenlernen. Am besten besuchen Sie die Infoabende, denn: Ein großes Haus bedeutet nicht zwangsläufig eine Geburt mit vielen Interventionen und in einer kleinen Klinik geht es nicht automatisch besonders persönlich, natürlich oder gemütlich zu. In manche Kliniken können die Frauen auch ihre eigene Hebamme zur Geburt mitbringen (Beleghebamme).

Eine Sonderform sind die Hebammenkreißsäle: Hier werden gesunde Schwangere (wenn sie sich dafür entscheiden) unter der Geburt nur von Hebammen betreut – Ärzte/Ärztinnen kommen nur bei Komplikationen dazu. Hebammenkreißsäle sind nicht unbedingt eigenständige Räume oder Gebäude, sondern diese Art der Betreuung wird oft innerhalb einer bestehenden Klinik zusätzlich angeboten

Viele Frauen schätzen das Angebot der Geburtshäuser, weil es eine privatere Atmosphäre bietet als die meisten Kreißsäle, und sie sich sicherer fühlen als bei einer Hausgeburt. Eine Hebamme betreut hier eine Schwangere – oft kommt zur Geburt noch eine zweite Hebamme als Unterstützung hinzu.

Die älteste Form der Geburt, die Hausgeburt, wählen vergleichsweise wenige Frauen.

Sich sicher zu fühlen, ist eine wesentliche Voraussetzung für ein gutes Geburtserlebnis. Das Sicherheitsbedürfnis der Frauen zeigt sich jedoch sehr unterschiedlich: Der einen vermittelt die technische Ausstattung eines Krankenhauses Sicherheit, ebenso wie die Anwesenheit von Ärzten/Ärztinnen. Die andere fühlt sich sicher, weil sie weiß, dass ihre Hebamme zur Geburt nur für sie da ist, und dass es keine unnötigen Eingriffe oder Untersuchungen gibt.

Obwohl die freie Wahl des Geburtsorts im Gesetz verankert ist, ist sie in der Praxis nicht überall gegeben. Vielerorts können Frauen sich nicht mehr zwischen Klinik-, Geburtshaus- oder Hausgeburt entscheiden, sie können nur zwischen Klinik A und Klinik B wählen, weil es andere Angebote in ihrer Nähe nicht mehr gibt.

Um den für Sie geeigneten Geburtsort zu finden, müssen Sie sich Gedanken darüber machen, was Sie sich für die Geburt wünschen, was Ihnen wichtig ist. Diese Fragen sollten Sie auch mit Ihrem Arzt/Ihrer Ärztin und Ihrer Hebamme besprechen – und natürlich auch mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin.

Fragen, die Ihnen bei der Entscheidung für einen Geburtsort helfen können.

Fragen für alle Geburtsorte:

  • Wie viele Kinder werden hier pro Jahr geboren?
  • Wie arbeiten die Hebammen hier? Ist es üblich, dass eine Hebamme mehrere Geburten gleichzeitig betreut?
  • Wie hoch ist die Dammschnittrate?
  • Welche Schmerzmittel stehen zur Verfügung?
  • Gibt es eine Gebärwanne? Wie oft kommt sie zum Einsatz?
  • Darf ich außer meinen Partner noch eine weitere Person noch meine (beste Freundin, Mutter ...) zur Geburt mitbringen?
  • Wie frei kann ich mich während der Geburt bewegen?
  • Welche Hilfsmittel für Gebärpositionen gibt es? Gebären die meisten oder die wenigsten in Rückenlage?

Fragen für die Klinik

  • Wie hoch ist die Kaiserschnittrate? (Die Rate ist in Häusern natürlich höher, in denen viele Risikoschwangere gebären)
  • Gibt es ein Familienzimmer?
  • Wird alternative Schmerzbekämpfung wie Akupunktur oder Homöopathie angeboten?
  • Ist es üblich, dass Frauen nach einem Kaiserschnitt ihr Kind direkt sehen und Körperkontakt haben können?

Fragen für das Geburtshaus und die Hausgeburtshebamme:  

  • Wie ist die technische Ausstattung?
  • Wie hoch ist die Verlegungsrate?
  • Was umfasst die Notfallausstattung?
  • Gibt es Kosten, die ich privat tragen muss?

Betrachten Sie diese Fragen lediglich als Beispiele, denn nur Sie wissen, was Ihnen wichtig ist. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Fragen bei einem Informationsabend oder spätestens beim Anmeldegespräch zu stellen.

Die Geburt

Niemand kann sagen, wie lange eine natürliche Geburt dauert. Selbst die Lehrbücher geben keine einheitliche Auskunft; manche schrei­ben bis zu 18 Stunden und andere bis zu 20 Stunden beim ersten Kind. Beim zweiten, dritten und jedem weiteren Kind ist die Geburt meistens etwas kürzer. Manchmal geht eine Geburt auch rasant. In zwei oder drei Stunden. Das ist nicht unbedingt wünschenswert – weder für das Kind, noch für die Mutter. Die Wehen rollen über die Frau hinweg – und eh sie sich versieht ist das Kind da.

Jede Frau hat ihr eigenes Empfinden für die Länge der Geburt – abgesehen davon, dass es sowieso schwierig ist, den Geburtsbeginn genau zu benennen. Geburtshelfer und Geburtshelferinnen teilen die Ge­burt in verschiedene Phasen ein: Eröffnungsphase, Austreibungsphase und Nachgeburtsphase. Und dann gibt es noch die sogenannte Latzenzphase, das ist die Phase zum Beginn, wenn sich Kind und Frau und Wehen nicht entscheiden können oder wollen, ob es nun losgeht oder nicht. All das sind abstrakte Kategorien für Fachleute, aber jede Frau erlebt ihre Geburt auf ihre Weise – und jede Geburt ist so einzigartig wie eben auch jede Frau, jedes Paar und jedes Kind einzig­artig ist.

Die Wehen veranlassen die Frau in der Regel dazu, sich zu bewegen oder auch Haltungen einzu­nehmen, in denen die Schmerzen besser zu ertragen sind. Das ist dann jeweils auch die Haltung, die in dem Moment für Mutter und Kind die beste ist. Und das ist eigentlich nur sehr selten die Rückenlage.

Seit den 1970er-Jahren hat sich die Rücken­­lage in den Kreißsälen etabliert. Sie erleichterte den Geburtshelferinnen und -helfern die vaginale Untersuchung und das Kind auf die Welt zu begleiten, wenn es aus der Scheide herauskommt. Diese Position ist daher in vielen Häusern nach wie vor an der Tagesordnung. Und wenn Sie einmal auf Filme oder Fotos achten, die Sie von Geburtssituationen sehen, dann werden Sie auch verstehen, warum wir alle heute denken, eine Gebärende gehöre immer ins Bett.

Dabei kann Ihnen Bewegung besser helfen, die Wehen zu verarbeiten. Und bei aufrechten Positionen hilft die Schwerkraft mit, dass das Kind seinen Weg ins Becken findet.

Hören Sie also auf Ihr Körpergefühl und gehen, hocken, knien Sie, liegen Sie auf der Seite, lehnen sich gegen Ihren sit­zenden Partner/Ihre Partnerin, stehen und stützen sich auf, sitzen auf einem Pezziball oder hängen sich an et­was (ein Seil, Ihren Partner/­Ihre Partnerin) ...  

Die Angst vor dem Geburtsschmerz ist sehr verbreitet. Vermutlich ist das die größte Sorge der meisten Schwangeren. Wie dann den Geburtsschmerz tatsächlich erlebt, kann sehr unterschiedlich sein.

Der Geburtsschmerz ist ein Geburtshelfer! So unangenehm er ist, hat er eine wichtige Funktion. Er muss nicht zum Freund werden, aber er ist definitiv kein Feind. Wenn man sich das klar macht, fällt es leichter, ihn auszuhalten.

Um dem Schmerzen etwas von seinem Schrecken zu nehmen, können Sie sich Folgendes klarmachen:

  • Die Schmerzen sind zeitlich begrenzt, irgendwann ist die Geburt vorbei
  • Nach jeder Wehe gibt es auch eine Wehenpause
  • Die Vorfreude auf Ihr Kind kann Ihnen helfen die Wehen zu ertragen
  • Die Endorphine Ihres Körpers dämpfen das Schmerzempfinden

Sollte der Schmerz dennoch unerträglich werden: Machen Sie kein Dogma daraus, auf jeden Fall ohne Schmerzmittel auszukommen! Manchmal kann ein Medikament dazu beitragen, dass Sie sich wieder besser entspannen können und die Geburt dann weiter voranschreiten kann.

Es gibt auch sanfte Wege dem Schmerz zu begeg­nen, z.B. ein Vollbad, Massagen, Wärme, Akupunktur oder Homö­opathie. Frauen, die gelernt haben durch Atem- und Entspannungs­techniken auf ihren Körper zu achten und zu entspannen, können versuchen, diese bei der Geburt anzuwenden.

Nach der Geburt

Die meisten Frauen sind nach der Geburt einfach nur glücklich, überwältigt – und erschöpft. Anstrengung und Schmerz verblassen in der Erinnerung.

Es kann aber auch vorkommen, dass eine Geburt ganz anders verläuft als gedacht. Zum Beispiel kann es vorkommen, dass sich Frauen vornehmen, ganz ohne Schmerzmittel auszukommen. Wenn sie sich dann am Ende doch eine Periduralanästhesie (PDA - eine rückenmarksnahe Betäubung) wünschen, dann fühlen sie sich als Versagerin – und das kann das neue Leben mit dem Baby erschweren.

Besonders schwierig kann es für Frauen sein, bei denen sich eine kritische Situation entwickelt und schnell gehandelt werden muss – manchmal auch über den Kopf der Frau hinweg. Sich im Notfall ohnmächtig und ausgeliefert zu fühlen, das macht vielen Betroffenen nachträglich schwer zu schaffen.

Wenn Sie Ihr Geburts­erlebnis im Nachhinein belasten sollte, dann suchen Sie das Ge­spräch. Am besten mit jemandem, der bei der Geburt dabei war (Heb­amme, Ärztin oder Arzt).

Ist das nicht möglich, dann wenden Sie sich an die Heb­amme, die Sie im Wochenbett betreut oder jemanden von der Wochen­bettstation. Machen Sie klar, dass es für Sie darum geht, zu verstehen, was warum passiert ist, damit Sie mit dem Erlebten Ihren Frieden machen und es gut verarbeiten können.

Haben Sie keine Gelegenheit mit einer bei der Geburt beteiligten Fachkraft zu spre­chen – oder ist das Vertrauen zu sehr erschüttert – dann sprechen Sie mit einer vertrauten Person aus Ihrer Familie oder Freundeskreis. Manchmal tut es auch gut, sich an eine neutrale Person zu wenden: Schwangerschaftsberatungsstellen stehen Ihnen mit ihren Beraterinnen und Beratern zur Verfügung um Gespräche nach der Geburt zu führen – auch Monate oder Jahre danach. Die Beraterinnen und Berater haben therapeutische Ausbildungen und können Sie, wenn es sinnvoll sein sollte, auch an andere Fachleute vermitteln.